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Die Zuckerfabrik Körbisdorf

1856-1937: Im 18. Jahrhundert hatte man erkannt, dass sich der teure von Übersee eingeführte Zucker nicht nur aus Zuckerrohr, sondern auch „aus der Runkelrübe" herstellen ließ, welche auch in Deutschland wuchs. Zwischen der Erkenntnis und der Produktion lag ein langer Zeitraum, in dem einerseits Zuckerrüben mit höherem Zuckergehalt gezüchtet werden mussten, andererseits der Raffinierungsprozess erheblich verbessert werden musste. Preußen hatte keine Kolonien in Übersee und förderte daher sehr die Herstellung von Zucker aus Zuckerrüben. Überall, wo es schwere Böden gab, wurden nun Zuckerüben angebaut und in der Nähe schossen die Zuckerfabriken aus dem Boden. Schwere Böden gab es auch im Geiseltal und so folgte dem Anbau von Zuckerrüben hier auch die Errichtung von Zuckerfabriken. Auch in Körbisdorf entstand eine solche, die am 17. April 1856 gegründet wurde. Ihr folgte im Jahre 1857 die Zuckerfabrik in Schafstädt und am 25. August 1864 die Zuckerfabrik Stöbnitz.

Zum Betrieb der Siedeanlagen der Zuckerfabrik wollten man die Braunkohle aus Gruben 'direkt aus dem Hinterhof der Fabrik' verwenden, wozu in der Nähe eine eigene Kohlengrube angelegt wurde. Es gab aber Probleme mit dem Grundwasser, weshalb man am Anfang die Kohle aus Stöbnitz, Roßbach und Rampitz holte

Das Geschäft florierte und man begann zu expandieren. Vor allem Land für den Zuckerrübenanbau wurde benötigt. 1856 schloss die Firma Pachtverträge mit Großbauern in Bedra, Petzkendorf, Leiha, Schalkendorf, Gröst, St. Ulrich, Stöbnitz und Oechlitz ab, die sie dazu berechtigten, auf diesen Feldern insgesamt 600 Morgen Rüben anzubauen. An Grund und Boden gehörten der Zuckerfabrik zu der Zeit die stark verschuldeten Rittergüter Körbisdorf und Naundorf, 90 Prozent Hypotheken ruhten auf diesen. 1856 wurde das Rittergut Benndorf gepachtet.1857 kaufte die Firma von Carl Adam zwei Ritterhöfe in Geiselröhlitz, der sogen. „Plümenhohe" und das „Bünau'sche". 1858 wird der dritte Ritterhof, der „Breitenbauch'sche" in Geiselröhlitz gepachtet. 1861 folgte der Kauf des Rittergutes Wernsdorf für 51 500 Thaler, 1863 die Pachtung des Rittergutes Geusa auf die Dauer von 15 Jahren. 1864 wurde das Rittergut Crumpa auf die Dauer von 15 Jahren gepachtet.

1872 wurde von den Erben der Firmengründer all ihre Besitzungen für stolze 1.010.000 Taler an zwei Bankhäuser verkauft. Mit verkauft wurden: Wohnhäuser, Fabrikgebäude, Nebengebäude und alle in den Fluren Neumark, Wernsdorf, Benndorf, Körbisdorf und Naundorf gelegenen Wandeläcker, außerdem die zuvor genannten Güter.

Die Firma bleibt zunächst bestehen, doch wurde sie später in eine Aktiengesellschaft mit der Bezeichnung „Zuckerfabrik Körbisdorf, Aktiengesellschaft in Körbisdorf" umgewandelt.

Die bebauten und bewirtschafteten Flächen setzten sich zusammen aus :
Eigentum 478 Hektar
Pachtland 1036 Hektar
insgesamt 1514 Hektar wurden bewirtschaftet.

1868 wurde eine der Zuckerfabrik angeschlossene Spiritusbrennerei eingerichtet, welche aber 1875 ihren Betrieb wieder einstellte.

Zwischen 1872 und 1880 werden die Rittergüter Crumpa, Netzschkau, Niederbeuna, das Vorwerk „Bäumchen" und sonstiger bäuerlicher Grundbesitz dazu gekauft. Es beträgt der Besitz:
Eigentum 960 Hektar
Pachtland 1160 Hektar
insgesamt 2120 Hektar wurden bewirtschaftet.

Tiefe Einblicke geben auch hier die Geschäftsberichte:

„1888: Um den schon seit Jahren bestehenden Arbeitermangel für unsere Wirtschaften abzuhelfen und um nicht ausschließlich auf den Zuzug fremder Arbeiter angewiesen zu sein, müssen wir zur Erhaltung eines seßhaften Arbeiterstammes auf Erbauung von Arbeiterhäusern bedacht sein. Die Ausgaben hierfür werden schon in diesem Jahre 20 000 Mark betragen.
Die bisher übliche Methode des Einmietens der Rübenschnitzel in Erdgruben führt außer den umständlichen Transporten den großen Nachteil mit sich, daß .. reichlich der dritte Teil an Nährwert verloren geht"

„1889: Die in diesem Jahr vervollständigte elektrische Beleuchtungs- sowie die Schnitzeltrocknungs-Anlage haben sich gut bewährt."

„1893: Der schon seit längerer Zeit geplante Bau eines Anschlußgleises nach Wernsdorf ist in Angriff genommen worden."

1897: Für die in der Zuckerfabrik bisher verwendeten vielen kleinen mit Dampfverlust arbeitenden Maschinen haben wir zwei große Maschinen in Verbindung mit elektrischer Kraftübertragung aufgestellt, die außer für die Fabrik auch für die Landwirtschaft und die Kohlengrube nutzbar gemacht werden."

1899: Die Arbeitslöhne mußten durch den immer mehr hervortretenden Drang nach Lohnzulage erhöht werden.
Die bisher zum Teil seit zwanzig Jahren im Betrieb gewesenen Diffusionsbatterien in der Zuckerfabrik haben, weil zu klein und abgenutzt, durch eine neue größere Batterie ersetzt werden müssen."

1903: Der zum Rangieren bisher benutzte, für die gesteigerten Ansprüche aber nicht mehr rentable Pferdebetrieb wurde durch einen mechanischen, und zwar elektrischen Betrieb (Akkumulatorlokomotive). ersetzt, welcher sich bis jetzt sehr gut bewährt hat."

1906 und 1907 wurden 166 ha Kohlenfeld verkauft, dafür aber in der Nähe von Merseburg die Rittergüter Löpitz und Lochau auf die Dauer von achtzehn Jahren gepachtet. Der Bestand war somit am 31. März 1908 folgender:
Eigentum 944 Hektar
Pachtland 1546 Hektar, so daß
insgesamt 2490 Hektar bewirtschaftet werden.

1909 wird das in Merseburger Flur gelegene Ruschesfelde mit rund 160 ha gepachtet und, da ein Wirtschaftsgehöft für diese Felder nicht vorhanden war, dort ein solches erbaut.

Die Badische Anilin- und Sodafabrik hatte es 1917 verstanden, die Aktienkurse der Zuckerfabrik Körbisdorf zu manipulieren, um dann zwei Drittel der gesamten Aktien aufzukaufen und damit de facto Besitzer der Fabrik zu werden. Die BASF gab nun der Zuckerfabrik ihren Aufsichtsrat und Vorstand. Aber nicht der Zucker interessierte den Chemiegiganten, sondern deren Kohle. So ist seit Übernahme der Zuckerfabrik durch die BASF die Nebenabteilung Bergbau, die ja ursprünglich nur der Versorgung der Fabrik mit Brennstoffen zugedacht war, zum Hauptbetrieb geworden. Die Folgen kamen für die Fabrik in den folgenden Jahren. 1925 vermerkt der Geschäftsbericht hierzu:

„Wir erwähnen noch, daß wir nach reiflicher Ueberlegung zu dem Entschluß gekommen sind, unsern Zuckerfabrikbetrieb auf die Zuckerfabrik Stöbnitz R. Bach & Comp. zu übertragen mit der Maßgabe, daß diese den Betrieb in ihren eigenen Räumen ausübt. Der Betrieb in unseren Räumen soll dauernd stillgelegt werden, nachdem die Generalversammlung sich damit einverstanden erklärt haben wird."

Es wurden nun sofort die Gebäude, die der Zuckerfabrikation dienten, sowie der 52 m hohe Schornstein weggerissen. Lediglich Wohngebäude, Speicher, Lagerschuppen (ehemaliger Zuckerboden) und Darre blieben bis zum Abbruch des Dorfes bestehen. 1937 wurden dann auch die Vermögensverhältnisse abgewickelt.


Zuckerfabrik Körbisdorf


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