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Runstädt
unstädt
ist heute eine Wüstung, der Ort, der 1931/32 abgebaggert wurde, lag
einst im Tal der Leiha, kurz bevor diese in die Geisel mündete.
Dort, wo einst der Ort lag, befindet sich heute der Runstädter See.
Runstädt lag nordöstlich von Braunsbedra, an der Landstraße
zwischen Mücheln (Geiseltal) und Merseburg. Der Ort besaß einen
Haltepunkt an der Bahnstrecke Merseburg–Querfurt.
Ortsgeschichte
Runstädt dürfte im 5./6.
Jahrhundert von den Thüringern gegründet worden sein, im
Hersfelder Zehntverzeichnis wird es aber nicht aufgeführt. Im
Gegenteil, eine erste urkundliche Erwähnungen gibt es erst aus dem
hohen Mittelalter, um 1130 als Runenstide, 1320 als Runstede
Die Vorsilbe 'Run-' wird oft
vom Vornamen 'Runo-' abgeleitet, welches eine Ortsgründung eher in
die frühfeudale Zeit des des 7./8. Jahrhunderts verlegen würde.
Die andere Deutung vom Wort 'Runa=Rune', für 'Geheimnis',
'Beratung' bzw. den altgermanischen Schriftzeichen, den 'Runen', in
diesem Fall dürfte die Gründung eher vor dem 7. Jahrhundert
anzulegen sein. Förstermann leitet den Namen von 'rinnen=fließen'
ab. Auch die Variante vom althochdeutschen 'rono = Baumstumpf' ist
möglich, womit der Ortsname sehr gut als 'Wohnstätte auf eine mit
Baumstümpfen bestandenen Rodung' zu erklären wäre.
Regionalhistoriker Größler, von dem diese Erklärung stammt, hat
aber letztlich ein paar Probleme damit, den Namen einen germanischen
Hintergrund zu geben und sieht, analog zu Lunstädt, eine mögliche
slawische Abstammung Runiste = Runste = Runstädt. Kann aber selbst
dann die mögliche slawische Bedeutung nicht nennen.
Übrigens
bestand auch Runstädt bis ins 18.Jahrhundert aus einem Ober- und
einem Unterdorfe. Von der Dorfform zeigt sich Runstädt daher noch
im 19. Jahrhundert aus zwei Dörfern bestehend, im Nordosten dürfte
der ältere Ortsteil liegen, ein germanisches Platzdorf, alternativ
auch ein später erweiterter großer Weiler, welches im Südosten
unter den Karolingern ein fränkisches Straßendorf angeschlossen
wurde.
Im Jahre 1320 werden auch die ersten Runstädter
namentlich genannt und zwar in einem Güterverzeichnis des
Merseburger Hochstiftes, welches dort Besitz von zwei Hufen hatte.
Die eine schenkte der Kirche von Merseburg ein Laie namens Zlauco,
die andere der Priester Offo. Bei der Wiedereinrichtung des Bistums
Merseburg durch Kaiser den I. war Runstädt offenbar beim Bistum
Halberstadt verblieben, dürfte aber spätestens im 11. Jahrhundert
dem Bistum Merseburg einverleibt worden sein.
Im Jahr 1577 herrschte in Runstädt die Pest. Die
örtliche Obrigkeiten stellten den Ort unter Quarantäne, das hieß,
dass man an den Gemarkungsgrenzen Pestkreuze aufstellte, jeglicher
Verkehr mit der Außenwelt verboten oder unter strengen Regeln
gestellt wurde und man auch sonst das allgemeine Leben und Sterben
stark reglementierte. Man hatte damit lange Erfolg, aber irgendwann
sprang sie doch auf die Nachbargemeinden über, so 1581 nach
Frankleben.
Welch trostloses Bild hatte das Land gegen Ende
des Dreißigjährigen Krieges geboten. Die Einwohner waren verarmt
und die Gebäude verfallen, die Scheunen und Viehställe leer, die
Höfe und Gärten aufgewühlt, die Felder verwildert und teilweise
mit Gestrüpp bewachsen. Man fand weder Steine noch Raine. Keine
Ackergeräte, kein Spannvieh, kein Körnchen Getreide zur Aussaat.
Lange Jahre vergingen, ehe Dörfer und Gemarkungen wieder in Ordnung
kamen. Zu jener Zeit hatte sich der Rittergutsbesitzer Carl Jobst
von Bose große Verdienste um das Dorf Runstädt erworben. Zuvor
1655 wurde Runstädt unter den zwei Brüdern Johann Christoph und
Carl Jobst Bose geteilt und hieß ab sofort Ober- und
Nieder-Runstädt. Diese Teilung bestand bis zuletzt, war aber wohl
bereits im Hochmittelalter begründet. Er ordnete die
Besitzverhältnisse der Bewohner, ließ die Felder neu vermessen,
berainen und versteinen, die Hütungsrechte klären und überdies
ein sorgfältiges Kataster aufstellen. Er verstand es, für sich und
seine Untertanen, ausreichendes Saatgut und Werkzeug zu beschaffen.
In den Versammlungen der Stiftsstände trat er für eine gerechtere
Verteilung der Kriegs- und Steuerlasten ein. Im Jahre 1663 konnte er
in einem Brief seiner Freude Ausdruck verleihen, dass in seinem
kleinen Dörfchen die Schäden des Krieges nahezu überwunden waren,
bis auf die leidigen Schulden, die wohl er und alle anderen zu
Lebzeiten nie würden bezahlen können.
Carl Jobst Bose gründete 1697 auch eine Schule in
Runstädt. 1784 wurde diese bei einem starken Hochwasser zerstört,
so wurde von der Gemeinde beim Kirchenacker ein neues Schulhaus
erbaut.
1900 zählte Runstädt 250 Einwohner auf 200 ha
Land. 1920 kauften der Michel-Konzern und die Mansfeld-AG das
Territorium auf. Kurz vor dem Ende des Dorfes bestand es aus 360
Einwohner in 28 Häuser. Zwar
war Runstädt noch 1930 zu Frankleben eingemeindet worden, aber es
gilt trotzdem als die erste Stadt, die im Geisetal dem Bergbau
weichen musste.
Am
01.07.1930 wurde Runstädt nach Frankleben eingemeindet und war
somit als Ort nicht mehr existent. Die ehemaligen Bewohner trafen
sich am 13.07.1930 zur Heimat- und Abschiedsfeier. Mit einem letzten
Gottesdienst in der als eines der letzten Gebäude noch stehenden
Kirche verabschiedeten sie sich von ihrer Heimat. Der Abbruch des
allerletzten Hauses geschah am 28.08.1931. Runstädt war damit die
erste Ortschaft der Region, die der Kohle weichen musste, und 15
weitere Dörfer sollten noch folgen.
Quelle: Die Geiseltalchroniken,
Steffan Bruns, Berlin 2016
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