Zusatzseiten zum OFB-Projekt Klosterhäseler



Ortschronik von Burgheßler

Das Gotische Haus

Dem einstigen Rittergut gegenüber, gleich hinter der Brücke über den Bach. steht ein altes massives Gebäude, welches im Orte selbst früher „die alte Kapelle" genannt wird, später als Remise und Lagerhaus diente und heute als das 'Gotische Haus' bezeichnet wird. Es besitzt einen rechteckigen Grundriss, mit zwei über einander liegenden weiten Räumen und enthält in einem dritten Geschosse längs eines Korridors eine ganze Reihe, zum Teil durch ein Kamin heizbare kleine Kämmerchen (Zellen), deren getäfelte Decken auf rotbraunem Grunde grell gelb bemalt sind. Die zu den oberen Etagen führende steinerne Wendelstiege liegt in einem turmartigen Treppenhause der Westseite. Die Tür, ein kielbogiges Portal an der Westwand, ist mit wunderschönen gotischen, doppelt verschlungenem Stabwerk versehen, ebenso wie die Gardinenbögen der Fenster. Interessant sind auch die gotischen Steinmetzzeichen und die Sitznischen vor den Fenstern. 

Das Gebäude aus Kalbbruchsteinen dürfte um 1493/94 entstanden sein und man nimmt an, dass er Anfangs der Sitz der hiesigen adligen Familie war. Die Bauweise ist für die damalige Zeit schon überholt, möglicherweise gab es einen romanischen oder frühgotischen Vorläufer des Baus. Die wenigen Fenster, besonders im Erdgeschoss, lassen dass Bauwerk wehrhaft erscheinen und es wurde auch als 'Festes Haus' bezeichnet, was die Wehrhaftigkeit unterstreichen soll. Tatsächlich sind die Kellergewölbe dann auch aus dem 12./13. Jahrhundert. Möglicherweise wurde neben der Burg auf dem Berge, auch im Tal eine Burg, eine Sperre errichtet, aus der dann das Rittergut hervorging. Der Haselbach floss wohl mitten durch diese Sperrburg, die wohl älter war, als die auf dem Berg. Der nördliche Teil dieser Burg dürfte dann zum Ende des Mittelalters hin zum verkleinerten Rittergut geworden sein, der Süden mit Kirche und gotischen Haus diente kirchlichen Zwecken. Es ist bekannt, dass die Mönche des Kloster Pforta eine Zeitlang hier ein Gebäude als Außenstelle genutzt haben sollen, dass kann dann aber nur für den Vorgängerbau zutreffen. Dieses dürfte das ehemalige Zisterzienserklosters in Klosterhäseler auch eine zeitlang als Speichergebäude genutzt haben, später dann das Rittergut, bis man dieses dann 1493 zu einem herrschaftlichen Wohngebäude umbaute.

Die Bauzeit ist durch dendrochronologische Untersuchungen gesichert. Unklar ist bis heute, wie das offensichtlich zu Wohnzwecken genutzte Gebäude beheizt wurde - auch ein Abtritt (Kloset), bei adeligen Behausungen eigentlich ein muss, konnte bei den stattgefundenen Bauuntersuchungen nicht nachgewiesen werden. Daher ist es auch nicht ganz klar, wie lange das Gebäude wirklich als Herrensitz diente. Ebenso ist unklar, ob weitere Bauten zu dem Gebäude gehörten und ob es weitere Befestigungen im Umfeld dazu gab. Es ist daher anzunehmen, dass das 'Feste Haus' nur das war was es sein sollte, ein Rückzugsort im Falle eines Angriffs, darüber hinaus wahrscheinlich auch als Lager. Den im Falle eines Angriffes, der immer recht überraschend erfolgte, war keine Zeit für großes Umlagern. In friedlicheren Zeiten lebte die Adelsfamilie und ihr Gesinde in einfachen Fachwerkhäusern auf dem Rittergute.

Mit dem Neubau des Herrenhauses nördlich des Haselbaches zog die Adelsfamilie spätestens 1692 in dieses um und das alte Herrenhaus wurde zu einem Schütthaus umfunktioniert. Ende des 19. Jahrhunderts wurde es wieder zu einem Wohnhaus umgebaut, diesmal für Tagelöhner. Nach 1945 wurde hier eine Stellmacherei eingerichtet, später übernahm die örtliche LPG die Werkstatt und nutzte es zu letzt als Abstelllager. Nach der Wende fand sich Bildhauer als Nachnutzer.

Die Eingangsbeschläge an der Tür sind noch original aus dem Jahre 1493/94. Das Krüppelwalmdach ist zwar nicht mehr gotisch, aber immerhin barock.1991/92 wurde das Gebäude umfangreich renoviert, 2008 wurden die Fenster und die Seiteneingangstür denkmalpflegerisch erneuert.

Dass das Gebäude uns heute in diesen guten und 'reinen' Zustand überliefert ist, dürfte dem Umstand seines eher abgelegenen Standorts gewesen sein und einer sinnvollen Zweckentfremdung als Lagergebäude. Heute dient das Gebäude als Zentrum für 'frühe Musik' und ist nur auf vorherige Anfrage hin öffentlich zu besichtigen.


Quelle: Panoramio: siriva



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